Wiederentdeckt: Fotos des kriegszerstörten Kölner Doms von Margarita Neiteler in der Michael-Horbach-Stiftung

Dezember 16, 2025 Kunst/Ausstellungen

Ein Foto von Margarita Neiteler: So sah es im Kölner Dom nach1945 aus. – © Rheinisches Bildarchiv-Margarita Neiteler

Der Kölner Dom hat den Zweiten Weltkrieg heil überstanden, weil er von den Alliierten Bomberpiloten als Landmarke gebraucht wurde und deshalb nicht bombardiert wurde. So eine schöne – typisch kölsche – Legende. Wie sehr auch die Kathedrale gelitten hat, zeigt jetzt die Foto-Ausstellung „Finding Margarita Neiteler. Die fotografierende Nonne“ in der Michael-Horbach-Stiftung. Sie bietet gleich zwei wunderbare Entdeckungen.

Da ist zum einen die Geschichte der lange vergessenen Fotografin. Margarita Neiteler (1913-2002) hatte von den 1940er bis 1960er Jahren als Röntgenschwester im Krankenhaus Hohenlind gearbeitet. Die Ordensschwester kannte sich also mit der Fotografie-Technik aus, was sich wohl auch bis in die Domverwaltung herumgesprochen hatte. So erhielt sie nach 1945 den Auftrag, die Zerstörungen durch 14 Sprengbomben und den Wiederaufbau des Doms zu dokumentieren.

Durch Zufall den Fotoschatz gefunden

Doch in den Nachkriegsjahren geriet ihre Arbeit in Vergessenheit. 1999 traf der Fotograf Martin Linke Margarita Neiteler, seine angeheiratete Schwiegertante in Greven, Heimatstadt der beiden. Der Mitbegründer der renommierten Kölner laif-Agentur und die Amateurfotografin kamen auf Neitelers Dokumentationsarbeit zu sprechen und sprachen über eine mögliche Ausstellung, wussten aber nicht, wo ihre Fotos zu finden waren.

Blick vom Dom auf die zerstörte Deutzer Brücke – fotografiert von Margarita Neiteler.

Vor zwei Jahren stieß Linke im Kölner Stadt-Anzeiger auf die Besprechung einer Foto-Ausstellung des Rheinisches Bildarchivs. Illustriert – so stand da – mit einem Foto von Margarita Neiteler. Im Bildarchiv fand er dann weitere Aufnahmen, nur über die Fotografin wusste man nichts. Linke begann zu recherchieren, fand im Familienkreis Briefe von ihr.

Schwerarbeit im Nonnenornat

Darin schrieb sie unter anderem, unter welchen Umständen sie 1948 zur 700-Jahr-Feier des Doms das Südportal – von Ewald Matare und seinem Schüler Joseph Beuys restauriert – fotografieren sollte. Für die richtige Perspektive musste sie etwa ein mehrere Meter hohes Gerüst besteigen und dabei ihre 13 Kilogramm schwere Plattenkamera mitschleppen. Und das alles immer im Nonnenornat.

Blieb immer Nonne – ein Foto von Margarita Neiteler aus Privatbesitz

„Sie war nicht nur technisch perfekt, sie hatte auch den perfekten Blick, wusste das Licht einzusetzen, um Wirkung zu erzielen“, schwärmt Linke von der Arbeit seiner Verwandten. Davon kann man sich in dieser Ausstellung überzeugen. Da stimmt alles – Licht, Perspektive, Ausschnitt, Schärfe, Komposition.

Dom mit Schuttbergen angefüllt

Zu sehen sind – überdimensional vergrößert – die Schuttberge, die das zusammengebrochene Dach im Dom hinterließ. Die Gerüste, um die Kirche vor dem Einsturz zu bewahren. Arbeiter bei der Arbeit und im Gruppenbild mit dem Dombaumeister. Weiße Löcher in der dunklen Außenfassade. Und der Blick vom Dom auf die zerstörte Altstadt: Die im Rhein versunkene Severinsbrücke, die inmitten von Ruinen fast unzerstörte Minoritenkirche vor dem weiß strahlenden Dischhaus.

Martin Linke holte seine Stieftante aus der Vergessenheit – hier vor zwei von ihren Domfotos. – Foto: JS

Die Fotos sind eine Entdeckung für die Kunst und die Geschichte Kölns. Auch Margarita Neiteler ist eine Entdeckung. Über die man allerdings nur wenig weiß – einige ihrer Briefes werden ebenfalls gezeigt. Nach 1948 trat sie nicht mehr als Fotografin in Erscheinung. Von ihrem damaligen Foto-Auftrag machte sie kein großes Aufheben: „Ämtchen“ nannte sie ihn, so Manfred Linke.

„Finding Margarita Neiteler. Die fotografierende Nonne“ – bis 18. Januar 2026. Michael-Horbach-Stiftung, Wormser Str. 23, 50677 Köln. Tel. 0221 / 29 99 33 78, www.michael-horbach-stiftung.de. So 11-14 Uhr, Mi und Fr 15:30 – 18:30 Uhr.