„Expedition Zeichnung“: Wallraf-Richartz-Museum entdeckt Geheimnisse niederländischer Künstler

Jacob van Ruisdael: „Die Ruinen von Schloss Egmond“ (schwarze Kreide auf Vergépapier, um 1655) – Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln, Graphische Sammlung, Dauerleihgabe aus Privatbesitz, © Foto: Thomas Klinke, Wallraf-Richartz-Museum
Mit rund 65.00 Zeichnungen besitzt das Museum eine der größten in Deutschland. Gut 850 davon entstanden zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert. Die der niederländischen Meister wurden jetzt gründlich untersucht, 90 werden jetzt ausgestellt. Köln war vor allem um 1600 Ziel protestantischer Niederländer, die im Achtzigjährigen Krieg vor der katholischen spanischen Besatzungsmacht flohen.
Protestanten fasziniert von katholischem Prunk
2.000 sollen es gewesen. Darunter auch Künstler, die vom religiösen Prunk der Kirchen, insbesondere des – unfertigen – Doms beeindruckt waren. Bilder mit Kölner Ansichten empfangen im 3. Stock den Besucher der Ausstellung. Die Kirchen waren auch Auftraggeber – bisweilen aber wohl etwas kniepich. So beklagt Frans Langhemans unter seinem Entwurf für einen Altar des Klosters „Zum Lämmchen“, dass seine Bezahlung doch etwas wenig gewesen sei.
Vielleicht sollte der Besucher als Appetitanreger und zum besseren Verständnis zuerst den Ausstellungsteil im Kammersaal der 2. Etage ansehen. Hier wird an Beispielen ausführlich die wissenschaftliche Forschungsarbeit vorgestellt, die Schritte, die Experten unternehmen und worauf sie dabei besonders achten müssen. Etwa auf Papier, Signaturen, Arbeitsspuren oder die Geschichte ihrer Besitzer. Neben technischen Untersuchungen ist ein gründliches Kunstwissen nötig – hierfür holten sich die Kölner die Bremer Expertin Annemarie Stefes ins Team.
In Italien Können und Image verbessert
Die Ergebnisse dann eine Etage höher: eine Auswahl der untersuchten Bilder, zu Themen geordnet. Etwa Landschaft, Vor der eigenen Haustür, Kopien, Verlorene Gebäude, Geschichten, Erfindungsreich, Mahnmale, Porträts oder Sehnsuchtsland und Reiseziel Italien. Die beiden letzteren hängen eng zusammen: Porträtmalerei galt nicht als Spezialität der Niederländer, das wurde ihren Kollegen in Italien zugeschrieben. Dem Land, das als Zentrum der Kunst galt. Eine „Studienreise“ dorthin konnte Image und Können der lernbegierigen Besucher verbessern. Und natürlich zeichneten sie im Süden und auf dem Weg dorthin Städte und Landschaften – auch dafür zeigt die Ausstellung Beispiele.

Künstler immer noch unklar: „Putto, eine Frucht tragend“(schwarze Kreide auf Vergépapier, um 1615) – Peter Paul Rubens zugeschrieben, vielleicht auch nur aus seiner Werkstatt – Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln, Graphische Sammlung, © Foto: Thomas Klinke, Wallraf-Richartz-Museum
Zu jedem Thema haben die Kuratorinnen Highlights ausgesucht, die ein besonderes Forschungsergebnis sind. Etwa „Besuch bei der Wöchnerin“ eines unbekannten Autors: Er hat das gleichnamige bekannte Ölbild seines Landmanns Gabriel Metsu kopiert – ein Beispiel für einen Geschäftszweig, der sich gezielt an Kunstsammler richtete, die sich das bekannte „Original“ nicht leisten konnten. Johannes Wierix signierte die Kopie der „Heiligen Barbara“ mit den bekannten Initialen Albrecht Dürers – inzwischen weiß man, dass es eine Arbeit von Hans Baldung Grien ist, die er „zitiert“.
Auch Frauen waren im Geschäft tätig
Heute oft übersehen: Auch Frauen waren damals im Kunstgeschäft aktiv. So beschäftigte Crispijn de Passe auch seine vier Töchter in seiner Werkstatt. Tochter Magdalena war offensichtlich für den Zyklus „Vier Jahreszeiten“ verantwortlich. Ein anderer Geschäftszweig war die Überarbeitung von Arbeiten eines Kollegen. So ging man bislang davon aus, dass die drei Touristen vor der Egmond-Ruine von Jacob van Ruisdael von einem Kollegen auf Wunsch des Sammlers zugefügt wurden. Expertin Stefes ist heute sicher, dass es der Meister selber war. Die Ruine war als wichtiges Symbol für den Widerstand gegen die Spanier ein beliebtes Ausflugsziel.

Magdalena de Passe: „Bauernfamilie mit Kuh: Der Sommer“ (Tinte auf Vergépapier, um 1620} – Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln, Graphische Sammlung, ©Foto: Thomas Klinke, Wallraf-Richartz-Museum
Eine Vitrine gewährt dann noch einen Einblick in die Papierrestauration und ein Film zeigt Beispiele der nach vier Jahren abgeschlossenen Forschungsarbeit, die von der Ernst-von-Siemens-Kunststiftung, der Fritz-Thyssen-Stiftung und dem Restaurierungsprogramm Bildende Kunst des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert wurde.
„Expedition Zeichnung – Niederländische Meister unter der Lupe“ – bis 15. März 2016. Wallraf-Richartz-Museum & Foundation Corboud, Obenmarspforten, 50667 Köln. Tel: 0221 – 221 211 19, www.wallraf.museum. Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, jeden ersten und dritten Donnerstag eines Monats 10-22 Uhr. Eintritt: 11/8 Euro, Katalog: 25 Euro. Anfahrt: KVB-Bahn Linie 5, Rathaus; KVB-Bahn Linien 1, 5, 7, 9, Heumarkt